Der Begriff „Pohlmannkonzept“ soll zum Ausdruck bringen, dass es nicht allein um eine Korrektur einer Atlasfehlstellung geht, sondern dass es sich um ein spezifisches Konzept handelt, welches die gesamte Körperstatik von Kopf bis zu den Füßen befundet und behandelt, denn: Nur die Behandlung der gesamten Körper- fehlstatik führt zu einem dauerhaften Behandlungserfolg. Differenzialdiagnostische Tests werden dort vorgenommen, wo es sinnvoll ist.
Der erste Halswirbel, genannt Atlas oder C1, kann viele Beschwerden verursa- chen. Seine Fehlstellung beeinflusst die gesamte Körperstatik. Er gehört zu den wichtigsten Knochen unseres Körpers. In seiner Höhe befindet sich die nervale Vernetzung zwischen dem Kopf und dem darunter befindlichen Körper. Der Atlas besitzt mit seinem knöchernen Ring zwei Gelenkflächen zum Schädel und bildet das oberste Gelenk der Wirbelsäule (Atlantooccipitalgelenk). Bei Inklination und Reklination sind jeweils ca. 15° Bewegung möglich, deshalb wird er auch als „Nick-Gelenk“ bezeichnet. Es ist ein Sperrgelenk für die Rotation, denn hier sind nur jeweils ca. 5° Bewegung möglich. Dies ist bedingt durch das Gelenkspiel und die atypische Bewegung des Atlas. Eine weitergehende Rotation wird durch die Ligg. alaria (Flügelbänder) verhindert. Da unser Blick rechtwinklig zur Körperachse ausgerichtet ist, erfordert jede Bewegung eine komplexe Vernetzung visueller, peripherer und akustischer Informationen, um etwas fixieren und greifen zu können. Die zahlreiche Anordnung von nervalen Sensoren (Proprioceptoren) im Atlantooccipitalgelenk ermöglicht dies. Das zweite Gelenk (Atlantoaxialgelenk) mit dem Dens axis ist ein Drehgelenk mit ca. 40 – 45° Rotation zu jeder Seite, deshalb wird es auch als „Nein-Gelenk“ bezeichnet. Die Halswirbelsäule als Tragpfeiler des Kopfes und Verbindungsglied zwischen Kopf und Rumpf ist der beweglichste, aber auch empfindlichste Teil der Wirbelsäule.
Der fehlstehende Atlas vermindert entsprechend dem Rotationswinkel den Umfang des Schädellochs (Foramen magnum) und des Wirbelkanals.
Die Folge: Kompression des Rückenmarks, der Hirnnerven und Blutgefäße.
Mögliche Ursachen einer Atlasfehlstellung:
Bei vielen Menschen kommt es schon durch die Lage im Mutterleib oder der Geburt zu einer Fehlstellung vom Atlas zum Okziput und zum zweiten Halswirbel, genannt Axis oder C2. Nach einem Sturz oder Beschleunigungstrauma als Kind oder als Erwachsener wird die Fehlstellung häufig noch verschlimmert. Ebenfalls durch falsche Schlafhaltung, besonders in Bauchlage, hierbei kommt es zu einer Torsion bis zur mittleren Brustwirbelsäule.
Chiropraktische Eingriffe (Impulstechnik) an der Halswirbelsäule sollten generell vermieden werden. Es besteht immer die Gefahr, dass Blutgefäße beschädigt werden. Durch häufige Manipulationen entsteht eine Instabilität in den Facettengelenken.
Mögliche Beschwerden im Zusammenhang mit dem Atlas:
Migräne, Kopfschmerzen, Schwindel, bes. Schwankungsschwindel, Gleichgewichtsstörungen, Sehstörungen, Tinnitus, Nackenschmerzen, begrenzte oder asymmetrische Rotation und Seitneigung des Kopfes, Beschwerden in den Kiefergelenken, permanente Muskelverspannungen, Schulterschmerzen, Rückenschmerzen, Lumbago (Hexenschuss), Bandscheibenvorfälle, eingeklemmte Spinalnerven, z.B. Trigeminusneuralgie, Fazialisparsen, Beckenschiefstand (unterschiedlich erscheinende Beinlängen), Schmerzen in den Hüftgelenken, Bein- und Knieschmerzen, Fußdeformitäten, kalte Hände und Füße, Herzrhythmusstörungen, veränderter Blutdruck, Verdau- ungsprobleme, Magenübersäuerung, häufiger Durchfall bzw. Verstopfung, Schlaflosigkeit, chronische Müdigkeit, psychische Beschwerden, ADHS, ADS, Legasthenie.
Bei der Befunderhebung in der physiotherapeutischen Praxis wird die Atlasfehlstellung durch Tests festgestellt. Ebenfalls ist dies möglich durch bildgebende Verfahren, wie Röntgenaufnahmen (Sandbergaufnahme), Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT). Ideal ist eine Spinal-CT-Aufnahme (3D- Aufnahme), bzw. eine Upright-MRT. Als neuestes Verfahren gibt es die digitale Volumentomographie (DVT). Die therapeutische Behandlung setzt normalerweise kein bildgebendes Verfahren voraus. Nur wenn die Sicherheitstests für das Lig. apicis dentis oder die Ligg. alaria positiv sind, empfehlen wir ein Upright-MRT, wodurch sich Bandschäden feststellen lassen. Auch bei einer immer wieder auftretenden Atlasfehlstellung empfehlen wir dies, soweit alle anderen Ursachen, z.B. im Kiefergelenk, auszuschließen sind.
Durch die Atlasfehlstellung und die damit verbundene Verengung des Schädellochs, kommt es zu einer Kompressi- on des Rückenmarks. Der Informationsfluss im Körper wird gestört oder ganz unterbunden, die nervale Vernetzung im Plexus cervicalis superior wird beeinflusst. Es entsteht Druck auf die Vertebralarterien und Venen, die sich um die A. vertebralis winden, sowie auf Nerven, die durch das Foramen jugulare verlaufen, (N. vagus, N. accessorius und N. glossopharyngeus). Die Cerebrospinalflüssigkeit (Liquor), die das Rückenmark und das Gehirn ernährt und schützt, fließt langsamer.
Nach einer Gelenkmobilisation ist unbedingt zu beachten, dass während der Therapie oder durch den Patienten selbst („Hausaufgabe“) eine synoviale Anregung (Knorpelbelastungstraining) erfolgt. Synovia bildet sich durch Druck und Bewegung. Findet die synoviale Anregung nicht statt, entsteht die funktionelle Störung erneut.
Die vier Formen der Atlasfehlstellung:
- Seitliche Verschiebung> Ein Querfortsatz steht höher als der Folge: Skoliotische Haltung, unterschiedli- che Schulterhöhen, Beckenschiefstand.
- Rotatorische Fehlstellung> Ein Querfortsatz steht mehr nach Folge: Druck auf verschiedene Nerven und Gefäße. Auswirkung auf den ganzen Körper, Rotation des Brustkorbs und des Beckens. >Variante 1 und 2 erschei- nen häufig in Kombination.
- Fehlstellung nach ventral, damit entsteht eine Funktionsstörung nach Eine Inklination ist nicht möglich.
- Fehlstellung nach dorsal, damit entsteht eine Funktionsstörung nach ventral, eine Reklination ist nicht möglich.
Folgen der Formen 3 und. 4: Veränderungen der Statik in der Koronal/Frontalebene. Hyperlordose oder entlordosierte Haltung der Hals- und Lendenwirbelsäule, sowie zunehmende Hyperkyphose bzw. Steilstellung der Brustwirbelsäule.
Auswirkung auf Axis und andere Wirbel nach einer Atlaskorrektur:
Bei nicht blockierten Wirbeln und dem Becken kommt es zur Selbstkorrektur. Es sollte jedoch immer eine Kontrolle vorgenommen werden, um den Körper gegebenenfalls im Selbstheilungsprozess zu unterstützen.
Beckenschiefstand:
Nur ca. ein bis zwei Prozent aller Menschen haben eine anatomische oder sekundär anatomische Beinlängendifferenz, bei den meisten Betroffenen liegt ein Beckenschiefstand vor. Steht ein Ilium in posterior, wird dies als Nutationsstellung des Sakrums bezeichnet, das Bein ist scheinbar kürzer.
Steht ein Ilium in anterior, wird dies als Kontranutationsstellung des Sakrums bezeichnet, das Bein ist scheinbar länger.
Bei einem Upslip oder Downslip ist das Os ilium nach kranial oder kaudal verrutscht. Diese Fehlstellung entsteht durch ein traumatisches Ereignis.
Die Atlasfehlstellung, der Beckenschiefstand und die Folgen:
Eine Atlasfehlstellung oder ein Beckenschiefstand verändern die komplette Körperstatik.
Es kommt zur Skoliose, der Nukleus der Bandscheiben verlagert sich zur konvexen Seite, die Gefahr einer Protrusion oder eines Prolaps ist gegeben. Auf der konkaven Seite verengen sich die Foramen in- tervertebrale, dabei kann es zu einer Nervenwurzelkompression kommen. Die weiteren Folgen können ungleichmäßige Zahnabnutzung, Schmerzen in den Kiefergelenken, Augenfehlstellungen, Herz- und Atembeschwerden, Missempfindungen in den Armen und Beinen, frühzeitiger Verschleiß in den Hüftgelenken, Innen- und Außenmeniskusschäden sowie Beschwerden in den Füßen sein.
Selbsterkennungszeichen
sind besonders die Kopfhaltung, die Ohrachse, der einseitige Schulterhochstand, die Beckenhöhe oder eine verstärkte einseitige Kniebeugung
Vorgehensweise am Patienten:
Zunächst wird eine ausführliche Anamnese durchgeführt und die komplette Statik, sowie das Gangbild beurteilt. Nach dem Erstbefund wird der Patient über die Vorgehensweise aufgeklärt. Die Behandlung beginnt dort, wo seine Hauptbeschwerden sind. Sind keine Akutbeschwerden vorhanden, wird das Becken mit einem Beckenmessgerät oder einer Beckenwaage überprüft und ggf. korrigiert (Abb. 10), dann erfolgt die Mobilisation der Lenden- und Brustwirbelsäule mit zervikothorakalem Übergang, sowie eine Rippenmobilisation. Erst dann wird eine eventuell vorhandene Fehlstellung des Atlas korrigiert.
Im nächsten Schritt wird die mittlere und untere Halswirbelsäule behandelt. Alle Mobilisationstechniken werden ohne Impuls durchgeführt. Der Patient bekommt eine adäquate Übung als Hausaufgabe gezeigt, damit die synoviale Anregung fortgesetzt wird (sog. Knorpelbelastungstraining), um ein Rezidiv zu vermeiden. Nach der Mobilisation der gesamten Wirbelsäule werden die Extremitäten behandelt, sofern dort Beschwerden auftreten. In den weiteren Therapieeinheiten werden die myofaszialen Verklebungen gelöst. Alle Behandlungsschritte kann der Therapeut durch eine kinesiologische Tape-Anlage unterstützen, wenn der Patient damit einverstanden ist.
Für die komplette Vorgehensweise werden in der Regel 2 bis 4 Behandlungen benötigt:
Ein immer wieder auftretender Beckenschiefstand, z. B. bei Frauen mit einer Instabilität im Iliosakralgelenk, bleibt das Becken in der Regel stabil nach einer Atlastherapie. Eine Fehlstellung im Kiefergelenk verändert dessen Biomechanik zum Positiven, sobald die Atlasfehlstellung korrigiert ist. Daher sollte eine Aufbissschiene erst nach der Atlaskorrektur hergestellt und eingesetzt, bzw. eine schon vorhandene nachgearbeitet werden. Kommt es immer wieder zu einem Rezidiv, sollte in jedem Fall Kontakt mit dem behandelnden Zahnarzt aufgenommen werden.
Nach einer Beckenkorrektur sind häufig keine Einlagen mehr erforderlich, beziehungsweise vorhandene müssen durch neue ersetzt werden. Eine Schuherhöhung darf nach dem Ausgleich der Beinlängendifferenz keinesfalls bestehen bleiben.
Reaktionen nach einer Atlas- und Körperkorrektur:
Bewegungseinschränkungen werden deutlich verbessert, Schwindel wird spürbar reduziert oder verschwindet ganz. Viele Patienten äußern eine erhebliche Schmerzreduktion. Häufig tritt das Gefühl von Muskelkater auf. Dieser Muskelreiz ist die Folge der nervalen Entspannung des Muskels, wobei sich die Verklebung der Faszien aber nicht von allein auflösen.
Die Behandlungen erfolgen ein- bis zweimal pro Woche. Ist es zeitlich bei dem Patienten nicht anders möglich, kann auch eine Doppel- oder Dreifachbehandlung durchgeführt werden. In diesem Fall muss der Patient allerdings mit verstärkten Reaktionen des Körpers rechnen.
Kontraindikationen:
- Akute Verspannungen und Zerrungen
- Fraktur oder Dislokation
- Neurologische oder vaskuläre Gefährdung
- Osteoporose oder Osteopenie
- Malignom
- Infektionen (z. Osteomyelitis)
Behandlungstechniken, die therapeutisch angewendet werden, sind die Triggerpunktbehandlung, Positionierungstechnik in Anlehnung an Jones, Mobilisationstechniken, myofasziale Techniken, Gittertape-Methode und kinesiologisches Tapen.
Notwendige und ggf. erforderliche Behandlungsschritte:
- Anamnese
- Befundung und Beurteilung der gesamten Körperstatik
- Bei Akutbeschwerden zunächst Triggerpunktbehandlung als Schmerztherapie (auf neurophysiologischer Basis)
- Körpervermessung mit dem Beckenmessgerät oder Beckenwaage, um festzustellen, ob eine Beinlängendifferenz vorliegt
- Korrektur der Körperfehlstatik beginnend im Bereich der Hauptbeschwerden
- Korrektur eines Beckenschiefstands
- Mobilisation von Gelenkfunktionsstörungen wie Iliosacralgelenk, Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule, Rippen,
Kniegelenke und Fußfehlstellungen durch manualtherapeutische und osteopathische Techniken
- Korrektur einer Atlasfehlstellung
- Mobilisation von Gelenkfunktionsstörungen der Halswirbelsäule, des Kiefergelenks sowie der und 2. Rippe
- Ergänzende Tape-Anlagen mit kinesiologischen Tapes und der Gittertape-Methode
- Nach jeder Mobilisation Knorpelbelastungstraining zur Anregung der synovialen Flüssigkeit
- Hausaufgabenprogramm für die jeweils behobenen Funktionsstörungen
- Lösen von myofaszialen Verklebungen (Faszientherapie)
- Dehnung der verkürzten Muskeln
- Muskelaktivitäten zur Stabilisation
- Aufklärung über Fehlhaltungen und Fehlbelastungen
- Zusammenarbeit mit Zahnärzten (Schienentherapie)
- Zusammenarbeit mit spezialisierten orthopädischen Schuhtechnikern (aufrichtende Wirkung über die Füße)
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